Das Rohr-Grummeln der Dörfler (Moz.de, 21.12.2017)

Anwohner der künftigen Eugal-Gasleitung fürchten Explosions- und Terrorgefahr /
Bauern müssen Ertragsausfälle hinnehmen

Leitungsplanung

Das Rohr-Grummeln der Dörfler

Oliver Schwers / 21.12.2017, 06:44 Uhr

Gramzow/Zichow (MOZ) Noch gibt es keine Genehmigung für die neue Eugal-Gasleitung. Doch überall in der Ostuckermark liegen schon die großen Rohre herum. In den Dörfern wächst der Widerstand. Man fühlt sich überfahren vom nächsten Großprojekt.

In den Gemeindevertretersitzungen betroffener Orte entlang der neuen Trasse rumort es: Die großen Rohrlagerplätze sind ohne Wissen der Bürgermeister entstanden. Alles ging rasend schnell: „Niemand konnte vorher eine Video-Dokumentation unserer Straßen anfertigen“, ärgert sich Martin Röthke, Bürgermeister von Zichow. „Wir haben das gar nicht gewusst.“ Wie beim Bau der großen Vorgängerleitung Opal, anderen Verlauf sich auch Eugal orientiert, sollen alle Schäden durch Transporte, Baumaßnahmen und Erdarbeiten vom Unternehmen bezahlt werden. Aber man muss sie eben nachweisen. Und genau dafür ist eine Dokumentation notwendig. Die Rohrlager sind auch nicht Bestandteil des Genehmigungsverfahrens, sondern benötigen lediglich eine Genehmigung der Umweltbehörde der Kreisverwaltung, informiert das Amt Gramzow.

Auf den Dörfern steigt die Angst vor technischen Störungen, Explosionen oder Bränden. Zeit- und Kostendruck beim Bau, immer größere Baumaschinen und schwere Landtechnik würden die Gefahr erhöhen, so Wolfgang Herrmann aus Meichow. Der frühere Ortsvorsteher des Dorfes hatte schon beim Bau der Opal-Leitung gegen die Beschädigung von Gemeindestraßen protestiert. Jetzt sieht er noch eine Gefahr kommen: „Die Verlegung einer sehr hochvolumigen Ferngas-Pipeline mit ihrem extrem hohen Zerstörungspotential in der Nähe von Siedlungsgebieten wie den Ortsteilen Neumeichow und Meichow stellt ein besonders attraktives Anschlagsziel für Terroristen dar. Daran ändert sich auch nichts, wenn diese These von vielen Verfahrensbeteiligten als absurd angesehen wird.“ Herrmann hat seine Einwände im Planfeststellungsverfahren vorgebracht.

Die Planer rechnen mit einer Genehmigung der Trasse Mitte 2018. Daher sei es jetzt schon nötig, die Rohrlager zu errichten, informierte eine Sprecherin des Projektträgers Gascade. Aufgrund des logistischen Vorlaufs könne man dann zeitnah mit dem Bau beginnen.

Bei betroffenen Bauern formiert sich der Widerstand. Aus den Erfahrungen von Opal wollen sie sich verbandsähnlich zusammenschließen und alle Verhandlungen nur noch über einen Rechtsanwalt führen. Übereinstimmend schildern Landwirte aus Gramzow, Zichow, Pinnow und anderen Gebieten die Folgen: Durch den Bau wird die Bodenstruktur zerstört. Die Leitung gibt Wärme ab und verändert den Wasserhaushalt. Alte Drainagen werden teilweise zerschnitten und nicht wieder instand gesetzt. Dadurch entstehen an ganz anderen Stellen Vernässungen auf Feldern. Während des Baus sei keine Unkrautbekämpfung möglich. Videoaufnahmen beweisen die Bodenverdichtung, Folgeschäden und Ernteausfälle. Die Gasbetreiber würden zwar für die Verluste auch in den Folgejahren aufkommen, jedoch erschwere der Eingriff in die Bodenstruktur die Arbeit in der Landwirtschaft erheblich und verursache einen enormen Aufwand. Bei Eugal erwartet man noch höhere Beeinträchtigungen, weil gleich zwei parallele Trassen in die Erde kommen.


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