Streit um Ausgleichsflächen schwelt weiter (NDR, 11.05.2017)

Streit um Ausgleichsflächen schwelt weiter

Der Streit um Ausgleichsflächen zur Renaturierung auf Rügen durch den Bau der Ostsee-Pipeline hat am Donnerstag den Agrarausschuss des Landtags beschäftigt. Den Planungen zufolge sollen auf Rügen rund 1.000 Hektar Ackerfläche zu Grünland werden. Dagegen wehren sich betroffene Bauern. Sie befürchten Enteignungen. Nord Stream 2 habe die Landwirte viel zu spät von ihrem Vorhaben informiert, sagte der agrarpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Holger Kliewe, nach der Sitzung. Dadurch sei ein Druck erzeugt worden, der nun eine Konsensbildung erschwere.

Kritik kam auch von der Linksfraktion. „Da ist wohl ziemlich viel schiefgelaufen“, sagte die umweltpolitische Sprecherin, Mignon Schwenke. Die Kommunikation der Vorschläge der Nord-Stream-2-Betreiber durch die Landgesellschaft grenze an gutsherrschaftliches Verhalten. „Gute landwirtschaftliche Böden dürfen dabei nicht zum Ausgleich genutzt werden.“

Umweltverband befürwortet Ausgleichsflächen auf Rügen
Derweil befürwortet der Umweltverband WWF die Renaturierung auf der Ostseeinsel. Der Umweltausgleich sollte möglichst im Eingriffsbereich der Pipeline und damit in Nähe des Greifswalder Boddens liegen. „Dieses Gebiet ist für uns die erste Wahl“, sagte der Leiter des WWF-Ostseebüros, Jochen Lamp. Dennoch hält der Verband eine vom Kreistag Vorpommern-Rügen geforderte Prüfung von Alternativen für sinnvoll. Für einen Umweltausgleich käme auch der südliche Festlandbereich des Boddens infrage.

WWF: Keine Genehmigung ohne Umweltausgleich
Eine Umwandlung der Ackerflächen in extensives Grünland bedeute eine Reduktion von Nährstoffen in der Landwirtschaft, so Lamp. Nach seinen Angaben würde damit auch der Nährstoffeintrag in den Greifswalder Bodden sinken. Allerdings sei es inakzeptabel, wie Druck auf die Landwirte ausgeübt werde. Der WWF warnte jedoch davor, eine mögliche Genehmigung für den Pipelinebau von Kompensationsmaßnahmen für den Eingriff in die Umwelt abzukoppeln. „Wenn ein Umweltausgleich nicht rechtssicher genehmigt ist, darf es auch keine Genehmigung für den Pipelinebau geben“, sagte Lamp. weiter.

Bauernverband kritisiert Nord Stream
Laut dem Bauernverband wären mehr als ein Dutzend Landwirtschaftsbetriebe von dem Umweltausgleich durch die Nord-Stream-2-Pipeline betroffen. Präsident Detlef Kurreck fordert Aufklärung, warum vorrangig die Insel Rügen dafür ausgewählt wurde. Er kritisiert das eigenmächtige Vorgehen von Nord Stream 2. Ein Sprecher hielt dagegen und betonte gegenüber NDR 1 Radio MV, man würde den Landwirten ein Bewirtschaftstungsmodell anbieten, das ihnen ein stabiles Einkommen über 25 Jahre sichere.

Spitzenpolitiker treffen Landwirte
Nachdem bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Funktion als Wahlkreisabgeordnete den Landwirten ihre Unterstützung zugesagt hatte, will in der kommenden Woche Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) mit den Bauern zusammenkommen. Er könne ihren Unmut verstehen, sagte er zu NDR 1 Radio MV. In den vergangenen Jahren hätten die Landwirte auf Rügen bereits viel Land für Renaturierungsprojekte bereit gestellt. Eine Enteignung der Landwirte werde es mit ihm nicht geben.

Nord Stream unter Zeitdruck
Bis Ende Mai können im Rahmen des Genehmigungsverfahrens Stellungnahmen beim Bergamt Stralsund und dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie eingereicht werden. Nord Stream 2 steht unter Zeitdruck. 2018 soll mit der Verlegung der neun Milliarden Euro teuren und 1200 Kilometer langen Gaspipeline begonnen werden. Die Genehmigungsverfahren in den betroffenen Ostseeanrainer-Staaten laufen inzwischen, doch grünes Licht für den Bau gibt es noch nicht. Mehr als 27.300 Rohrsegmente lagern bereits auf Rügen. Im Sommer soll in Sassnitz die Betonummantelung der Rohre starten.


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